Phonetische und linguistische Prinzipien des forensischen Stimmenvergleichs
Michael Jessen
Kriminaltechnisches Institut des Bundeskriminalamtes Wiesbaden
Bei einem forensischen Stimmenvergleich werden für die Zwecke der Beweisführung vor Gericht Audioaufzeichnungen der Stimme eines Täters mit denen der Stimme eines Verdächtigen verglichen. Auf Grundlage einer solchen stimmenvergleichenden Analyse wird auf die Frage eingegangen, mit welcher Wahrscheinlichkeit Täter und Verdächtiger identisch oder nicht-identisch sind. Phonetik und Linguistik sind die wesentliche wissenschaftliche Basis, auf der ein forensischer Stimmenvergleich fußt.
In diesem Buch werden die Prinzipien des forensischen Stimmenvergleichs erklärt und auf die spezifischen Schwierigkeiten hingewiesen, die forensisches Audiomaterial mit sich bringen kann (eingeschränkter Frequenzgang, reduzierte Dauer, lautes Sprechen usw.). Im Detail wird gezeigt, in welcher Weise die Methoden und Erkenntnisse der Phonetik und Linguistik in dem Prozess der forensischen Analyse zum Tragen kommen. Hierbei werden praktische Beispiele gegeben und es wird besonders auf neuere Forschungsergebnisse eingegangen, die im Labor des Autors und in der nationalen und internationalen Sprechererkennung erzielt wurden. Hintergrundstatistiken über Merkmalsgruppen wie Grundfrequenz, Formantenfrequenzen und Sprechtempo, die dabei zur Sprache kommen, sind nicht nur für die Forensik relevant, sondern auch für andere Bereiche – wie zum Beispiel die klinische Linguistik – in denen es auf Normdaten ankommt, die anhand einer großen Anzahl von Sprechern erhoben wurden.
Michael Jessen ist Experte für Sprechererkennung und Tonträgeranalyse am Kriminaltechnischen Institut des Bundeskriminalamtes in Wiesbaden. Er studierte Linguistik mit Schwerpunkt Phonetik und Phonologie an der Universität Bielefeld und der Cornell University und war bis 2001 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Maschinelle Sprachverarbeitung der Universität Stuttgart. Seit 2009 ist er Co-Editor der Fachzeitschrift The International Journal of Speech, Language and the Law.
ISBN 9783862883219. LINCOM Studies in Phonetics 09. 247 S. 2012.